Die WM in Budapest - Tag 7

  26.08.2023

Papier ist geduldig. Bestenlisten vor großen Wettkämpfen wie einer WM spiegeln oft nur einen Trend wieder und entsprechen nicht immer der Realität. Trotzdem sind sie eine Hilfe zu sehen, wie man im internationalen Vergleich dasteht. Die deutsche Sprintstaffel hatte sich beim Diamond Meeting London mit flotten 38,21 Sekunden in guter Form präsentiert und reiste somit auf der sechsten Position des Rankings nach Budapest an. Im ersten Vorlauf hatten lediglich die Vereinigten Staaten (37,93 sec.) und Japan (37,80 sec.) die schnelleren Vorleistungen. Dahinter lagen Deutschland, Frankreich (38,22 sec.) sowie Trinidad & Tobago (38,30 sec.) ziemlich gleichauf. Die Top-Drei aus den beiden Rennen lösten das Final-Ticket auf dem direkten Weg, zwei Teams wurden noch über die Zeit ermittelt.

Auf der neunten Bahn ging Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar) für die DLV-Truppe in den Block, hatte also alle Gegner hinter sich. Der Frankfurter machte seine Sache gut und wechselte sicher auf Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV). Doch dann das Malheur. Joshua Hartmann (ASV Köln) bekam das Staffelholz nicht richtig zu fassen. Aus der Traum von einer eventuellen Finalteilnahme. Schlussläufer Yannick Wolf (LG Stadtwerke München) wartete vergeblich auf seinen „Stab-Lieferanten“. An der Spitze des Feldes gab es eine Millimeterentscheidung um den Sieg. Die schnellen Jungs der USA hatten mit der neuen Weltjahresbestleistung von 37,67 Sekunden und winzigen 0,01 Sekunden Vorsprung auf Jamaika ganz knapp die Nase vorne. Das dritte große „Q“ ging mit 37,71 Sekunden an Japan. Auch Frankreich blieb mit 37,98 Sekunden noch unter „38“, was ebenfalls die Fahrkarte fürs Finale bedeutete. 

„Es ist sehr schade, ich traue uns auf jeden Fall auch zu, solche Zeiten zu laufen. Jetzt müssen wir den Blick nach vorne richten, es geht immer weiter“, gab Kevin Kranz nach dem Aus zu Protokoll. 

Für einen echten Knaller sorgten im zweiten Vorlauf die Italiener. Keine zehn Minuten. Dass die Weltjahresbestleistung der USA gerade einmal zehn Minuten Bestand hatte, kann man getrost als Überraschung bezeichnen. Die „Azzurri“ flogen in 37,65 Sekunden ums Tartanoval. Im Schlepptau die Staffeln aus Südafrika (37,72 sec.) und Großbritannien (38,01 sec.). Aus dem zweiten Lauf sicherten sich die Brasilianer mit 38,01 Sekunden das letzte Final-Ticket. Eine Zeit, die von den deutschen Sprintern bei optimalen Wechseln eventuell auch möglich gewesen wäre.

 

Nachdem die Frauen in der Besetzung Louise Wieland (Hamburger SV), Sina Mayer (LAZ Zweibrücken), Gina Lückenkemper (SCC Berlin) und Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar) nach 42,78 Sekunden als Vierte ins Ziel gekommen waren, musste der zweite Lauf abgewartet werden. Hier waren die Teams der Niederlande (42,53 sec.) und Polen (42,65 sec.) dann schneller unterwegs und „Team Deutschland“ (vorerst) raus. Doch die langen Gesichter hellten sich noch auf. Der erste Wechsel zwischen Wieland und Mayer lief nicht „rund“, was wertvolle Zeit kostete. Grund hierfür war jedoch eine Behinderung von Louise Wieland durch die Australierin auf der Nebenbahn. Die Teamleitung legte gegen die Behinderung Protest ein, dem stattgegeben wurde. Zum Glück für die das DLV-Quartett verfügt das Stadion über neun Rundbahnen. Somit werden die Karten im Finale neu gemischt. 

„Ich muss sagen, es war eine unglaubliche Stimmung da drin. Ich habe leider dadurch Gina nicht richtig gehört, deshalb habe ich ein bisschen Tempo rausgenommen. Ich habe gesehen, dass wir nicht ganz vorne waren, habe aber versucht, das Rennen so gut wie möglich durchzuziehen. Wir haben ein solides Rennen abgeliefert und gekämpft. Dass es jetzt Rang neun geworden ist, ist bitter, aber das gehört auch dazu. Was am Ende entscheidend ist, kann man nicht so genau sagen, das müssen wir mit unseren Trainern auswerten. Am Ende summiert sich alles. Man tanzt auf Messers Schneide in einem Staffelrennen und kann sich keine Fehler erlauben. Heute ist uns ein Fehler zu viel passiert. Das Jahr war hart, wir hatten viele Ausfälle und haben jetzt ein neues Team. Positiv kann man mitnehmen, dass wir auch in einer anderen Besetzung, die noch nicht so eingespielt ist, solide Rennen auf die Bahn bekommen“, bilanzierte Rebekka Haase, bevor der Protest erfolgreich war.

Am Ende der beiden Läufe stand für drei Nationen einer 41er Zeit vor dem Komma. Die USA deuteten mit 41,59 Sekunden ihre Favoritinnen-Rolle an und hätten fast die Weltjahresbestleistung des „Team Texas“ (41,55 sec.) einkassiert. Hinter den US-Sprinterinnen sortierten sich Jamaika (41,70 sec.) und die Elfenbeinküste (41,90 sec.) ein.

erstellt von Jens Priedemuth

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