Die Entwicklung der Lehre im HLV in den letzten 25 Jahre

  17.12.2022    HLV Bildung 75 Jahre HLV

Wie Bildung unterliegt auch der Bereich „Lehre“ Veränderungen und Strömungen, die zumeist den jeweiligen Zeitgeist in der Vermittlung in den Aus- und später auch Fortbildungen des Hessischen Leichtathletik-Verbands.

Dieser Bereich, der immer wieder die Zuständigkeit innerhalb des Präsidiums gewechselt hat, wurde seit dem letzten Jubiläum von fünf Fachwarten weiterentwickelt und vertreten.

Herbert Pfeffer (von 1989 bis 2004)

Gesa Weidendorf (2004)

Dr. Luis Mendoza (von 2004 bis 2011)

Willi Imhof (von 2012 bis 2019)

Manuel Odey (von 2019 bis heute)

Die vielleicht größte und nachhaltigste Veränderung des Lehrwesens war es, die Fachlizenzen des Leichtathletik-Verbandes in das Lizenzwesen des Deutschen Sportbundes und später Deutschen Olympischen Sportbundes zu überführen, so wie es mittlerweile in allen deutschen Sportfachverbänden zu finden ist. Diese Lizenzen steigen von C- bis A-Lizenz auf und müssen in unterschiedlichen Intervallen durch fachspezifische Fortbildungen verlängert werden. Dieser fortwährende Austausch mit anderen Leichtathleten außerhalb des gewohnten Trainingsumfelds sorgt aus heutiger Sicht für eine bestmögliche Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Leichtathletik über das gesamte „Trainerleben“ bzw. solange die Lizenz aktiv gehalten wird.

Den Anfang machte hier der heutige Trainer-C „Leistungssport“. Dieser ab 2005 angebotene Ausbildungslehrgang richtet sich vor allem an diejenigen, die sich in der Leichtathletik mit ihren Gruppen stadion- und wettkampfnah bewegen. Flankiert wurde dieser ebenfalls ab 2005 vom C-Trainer „Breitensport“, der sich eher stadionfern (z.B. LaufTREFF) und inhaltlich gemischt versteht (zunächst Kinderleichtathletik und Sportabzeichen) richtete sich vor allem an jene, die sich mit ihren Gruppen nicht unbedingt auf den Wettkämpfen dieses Bundeslandes wiederfanden. Das besondere hierbei war von Anfang an die modulare Struktur des C-Trainer Breitensport, der von den Teilnehmenden über ein Ausbildungsjahr hinaus je nach Vorlieben besucht wurde und in der Anfangszeit vor allem durch Dieter Kaboth als Lehrgangsleitung durchgängig begleitet wurde. Als bisher jüngstes Mitglied unserer aktuellen Ausbildungslehrgänge kam 2011 der C-Trainer „Kinderleichtathletik“, später „Leistungssport Kinderleichtathletik“ dazu. Nicht zuletzt durch die aktive Rolle von Dominic Ullrich und seinen Mitstreitenden nahm der HLV hier durchaus eine Vorreiterrolle im Bundesgebiet ein. Der Wegfall des Moduls Kinderleichtathletik und die etwas unübersichtliche Modulstruktur machten den C-Trainer Breitensport zunehmend unattraktiver und die Anmeldezahlen sanken hier stark, bis er zuletzt 2019 ausgesetzt, komplett curricular überarbeitet und 2022 erstmalig in der neuen Form angeboten wurde.

Auf diese C-Lizenzen setzen jeweilige B-Lizenzen auf, die in unterschiedlichen Arten angegangen werden können. Den B-Trainer „Prävention“ (Fortführung C-Trainer Breitensport) bieten wir als Ausbildung über den Landessportbund an. Der B-Trainer „Leistungssport“ gliedert sich in die Disziplinblöcke der Wettkampfleichtathletik (Sprint, Sprung, Wurf, Lauf/Gehen, Mehrkampf) und wurde je nach Bedarf zuletzt unregelmäßig bis in die frühen 2000er-Jahre unter Luis Mendoza immer wieder vom Landesverband angeboten. Darüber hinaus bietet der Deutsche Leichtathletik-Verband eine zentrale B-Trainerausbildung an, die für alle Landesverbände offen ist. Regelmäßige B-Trainer Leistungssport Ausbildungen auf Landesverbandsebene finden sich aktuell mit Bayern und Nordrhein-Westfalen nur in den beiden mitgliedstärksten Bundesländern. Um diesem Trend etwas entgegenzusetzen entwickelte die hessische Leichtathletik unter Willi Imhof den „B-Trainer Hospitation“. Die Idee dahinter war: junge Übungsleiter:innen begleiten ganzjährig eine:n „Erfolgstrainer:in“ bei ihrer:seiner Arbeit und verinnerlichen so dessen Trainingskonzeption und -philosophie. Ergänzt von weiteren punktuellen Hospitationen bei andren Landestrainerkolleg:innen des gleichen Disziplinblocks. Für den HLV war dies ein echtes Erfolgskonzept, über das etliche Landestrainer und spätere Bundestrainer zur B-Lizenz geführt werden konnten. Dieses Konzept wird aktuell überarbeitet, um neben der individuellen Betreuung durch die Ausbildenden auch Mindeststandards in der Breite festzuschreiben und zu sichern. Diese Idee wurde zwischenzeitlich sogar vom Dachverband übernommen und in eigene Ausbildungsprogramme überführt.

In der Sparte Leistungssport gibt es darüber hinaus noch eine A-Trainer Ausbildung. Diese gliedert sich abermals in die Disziplinblöcke auf und wird vom DLV zentral angeboten, um gleichzeitig eine gute Anbindung an die jeweiligen Bundestrainer zu gewährleisten.

In den vergangenen Jahren hat der HLV folgende Trainer:innen seit Einführung der jeweiligen Lizenz ausgebildet:

650     C-Trainer Leistungssport

251     C-Trainer Breitensport

269     C-Trainer Leistungssport Kinderleichtathletik

143     B-Trainer Leistungssport

Das Fortbildungsangebot wurde früher mehrheitlich über die Kreise, deren Personal und Interessen abgebildet.

Dies haben wir in den vergangenen 25 Jahren zentralisiert und vereinheitlicht. Selbstverständlich ist es für Kreise immer noch möglich, Fortbildungen anzubieten und diese zur Lizenzverlängerung anerkennen zu lassen. Mehrheitlich wird das vielfältige Bildungsangebot des HLV aber über die Geschäftsstelle gesteuert und verwaltet. Mit großem Aufwand wird alljährlich ein qualitativ hochwertiges Programm auf die Beine gestellt und dies so gut wie möglich auf das gesamte Landesgebiet zu verteilen, sodass es für jeden etwas in fahrbarer Entfernung gibt. In der Vergangenheit gab es auch hier immer wieder Initiativen (z.B. Trainer ins Land), die über dies versuchten, die Expertise unserer Landestrainer:innen in die ländlichen Regionen Hessens und aus dem Rhein-Main-Gebiet heraus zu transportieren.

Zuletzt standen pandemiebedingt vor allem die Vermittlungsformen des Fortbildungsangebotes im Mittelpunkt. Aus dem Stand mussten alternative Vermittlungsformen gefunden werden. Onlineformate, Manuale, Live-Fortbildungen, hybride Veranstaltungen, das Lehrteam des HLV hat sich diesen Herausforderungen, zugegeben nicht ganz freiwillig, gestellt und dies genutzt, um das bestehende Portfolio sinnvoll und zeitgemäß zu ergänzen. Auch weiterhin soll es hier Angebote geben, die in unserem flächenmäßig (zumindest in der Nord-Süd-Ausdehnung) großen Bundeslandes einer größeren Menge an Teilnehmenden mit vertretbarem Zeitaufwand zugänglich zu machen.

Hier ein grober Überblick über die angebotenen Fortbildungen und besondere Veranstaltungen seit 2004:

308     Fortbildungen in den Bereichen Leistungssport, KiLa und Breitensport

209     Ausbildungen ohne Lizenzerwerb (z.B. Trainerassistenten, Grundausbildungen Lauf/Walking/Nordic-Walking, etc.)

2        Breitensportkongresse

5        Leistungssportkongresse

Die Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen hat beim HLV gute Tradition, dies wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass es schon lange in der Geschäftsstelle eine Position gibt, die sich mit dem Thema Schulsport auseinandersetzt. Der Austausch mit den hessischen Schulen und Hochschulen sehen wir als einen Kern unseres Ausbildungsnetzwerkes, um dauerhaft als olympische Kernsportart an diesen gut positioniert zu sein. Die Ausdünnung der obligatorischen Bundesjugendspiele für alle Klassenstufen 3. – 10. an hessischen Schulen musste als zentrale jährliche Sichtungsmaßnahme zunächst kompensiert werden. Vor allem die Schaffung von Lehrertrainer:innenstellen ist ein Konzept, mit dem wir uns dem entgegenstellen und über das ganze Landesgebiet versuchen die Expertise in die Schulen und Trainingsstützpunkte zu garantieren. Diese sind sicherlich in erster Linie der Sparte Leistungssport zuzuschreiben, fungieren aber natürlich als Multiplikator:innen und Sprachrohr. Außerdem verlassen wir uns sehr gerne auf die Fachkompetenz dieser Lehrertrainer:innen in verschiedenen Rollen unserer Aus- und Fortbildungen.

Auch die Hochschulen spielen eine gewichtige Rolle. Alle hessischen Hochschulen, die in Leichtathletik ausbilden, verfügen aktuell über einen Anerkennungsleitfaden zur Verkürzung/ Anerkennung der C-Trainer Lizenz. Darüber hinaus wurde bereits an allen Sportinstituten ein Leichtathletik-Hochschultag abgehalten, um Studierende für die Leichtathletik im Rahmen ihrer Ausbildung zu begeistern. Zuletzt fand sogar der erste hessische Hochschulkongress der Leichtathletik an der Uni Frankfurt statt, bei dem dankenswerterweise alle Institute unseres Bundeslandes einen Beitrag übernahmen und so den Teilnehmenden einen breiten Überblick über die Lehrschwerpunkte an den hessischen Universitäten im Rahmen der Leichtathletikausbildung vermittelten.

Hier ein kleiner Überblick über die Bildungsangebote des HLV mit Schule/Hochschule seit 2004:

85      angebotene Lehrerfortbildungen

6        Hochschultage

1        Hochschulkongress

Während der Pandemie konnte der Bereich Lehre auch die Verantwortlichen der Aus- und Fortbildungen im Kampfrichterwesen unterstützen. Aus Sicht des aktuellen Lehrwarts macht es ohnehin keinen Sinn, dies rigoros zu trennen, da die Vermittlung immer gleich funktioniert, egal ob es nun um Trainier:innen, Athlet:innen oder Kampfrichter:innen geht. Wir hoffen, hier zukünftig weiter unterstützen zu können und möglicherweise mittelfristig auch das Kampfrichterwesen mit den normalen, zentral gesteuerten Aus- und Fortbildungen zu verzahnen.

Mit einer landesweit angelegten Fortbildungsoffensive versucht der HLV aktuell Sportlehrkräfte, Studierende und Trainer:innen von den Bundesjugendspielen in der Wettbewerbsform für die Klassenstufen 1. – 6. überzeugen, um in der Folge möglichst viele Schüler:innen für die Spiele und damit für die Leichtathletik zu begeistern. Im Jahr 2022 wurden in Kooperation mit der Zentralstelle für Schulsport und Bewegungsförderung (ZFS) sowie dem DLV bereits 15 kostenfreie Fortbildungsveranstaltungen in ganz Hessen angeboten. Im kommenden Jahr wird die Offensive fortgesetzt.

Es fällt immer wieder schwer, inhaltlich eng bei der Lehre zu bleiben. Spielt sie doch in vielen Bereichen des HLV eine wichtige Rolle. Der neuen Struktur folgend findet sie sich in der Sportentwicklung inhaltlich, aber natürlich gleichermaßen im Bereich Sport, Verbandsmanagement und Jugend wieder. Eine andere Lesart kann aber auch sein, die Lehre als zentrales, verbindendes Element der neuen Struktur zu begreifen. Dies zu entwickeln und mit Leben zu füllen ist aus meiner Sicht neben der didaktischen „Bestandspflege“ die zentrale Aufgabe unseres Teams in der kommenden Zeit.

Das Team Lehre freut sich auf die kommenden Aufgaben und blickt hoffnungsvoll in die neugeordnete Zukunft der hessischen Leichtathletik.

erstellt von Manuel Odey

Jubiläums-Partner