Pädagogik in der Leichtathletik - kein Thema?

  24.03.2014    Bildung Verbandsnews

Knapp zwei Wochen vor dem 2. Leichtathletik-Kongress in Frankfurt (29. März) traf Dominic Ullrich für hlv.de den DLV-Bundestrainer U20/U18 - Dietmar Chounard - zum Interview.

hlv.de: Kannst Du dich an eine konkrete Situation in deiner Laufbahn als Trainer erinnern, in der Du das Gefühl hattest, hier sind nun meine pädagogischen Fähigkeiten gefordert?

Chounard: Wenn man dem Begriff Pädagogik auch menschliches und verantwortliches Führen unterordnet, dann ja. Die Nominierungsunstimmigkeit bei der Junioren-WM 2012 in Barcelona bezüglich der Weitspringerinnen Julia Gerter und Malaika Mihambo kommt mir da direkt in den Sinn. Die Herausforderung für mich bestand darin, verantwortungsvoll mit der Situation umzugehen, altersgemäß zu handeln und zu argumentieren, so dass keine Athletin langfristig Schaden trägt. Der ständige Dialog mit beiden Parteien war hier der Schlüssel. Man kann sagen, dass diese Aufgabe einen hohen pädagogischen Anspruch hatte.

hlv.de: Wie sieht es denn bei Dir im Trainingsalltag aus. Wirst Du dort mit pädagogischen Aufgaben konfrontiert?<ENDE/>

Chounard: Ja, der Umgang mit heranwachsenden Athleten, die sich im Übergang von Jugendlichen zu Erwachsenen befinden, stellt mich zwangsläufig vor pädagogische Aufgaben. Die Athleten sind in diesem Alter in Abläufe und Prozesse involviert, die sie erklärt bekommen und auch verstehen wollen. Diesen Anspruch haben die Athleten vollkommen zu Recht, so dass die Umsetzung eine fast tägliche Aufgabe von mir ist. Hier ist es wichtig, dass man sorgsam und mit pädagogischem Weitblick agiert.

hlv.de: Bedarf es in der Leichtathletik einer besonderen Form von Pädagogik?
Chounard: Nein, ich würde da nicht von einer besonderen Form der Pädagogik sprechen. In der Leichtathletik bedarf es mit Sicherheit einer anderen Art der Ansprache bzw. die Kommunikationsebene ist eine andere, da diese auf das jeweilige Klientel und die Persönlichkeit der Athleten zugeschnitten sein müssen.

hlv.de: In der Leichtathletik ist jeder Athlet für seine Leistung selbst verantwortlich, hingegen findet das Training in der Regel selten alleine statt. Wie wichtig ist der Aufbau von Teamfähigkeiten in der Leichtathletik?

Chounard: Grundsätzlich sind Leichtathleten Individualisten, die die eigene Performance, den eigenen Wettkampf und den eigenen Erfolg suchen. Nichtsdestotrotz ist sich jeder Athlet bewusst, dass man seine Ziele nur im Team erreichen kann. Alleine die Größe der Mannschaft verdeutlicht die Bedeutung von Teamfähigkeiten. Hierzu gehören ja nicht nur der Athlet und der betreuende Trainer, sondern z.B. auch der Physiotherapeut, der Arzt, der Mannschaftsführer, die Staffelmitstreiter, die Athleten, die in derselben Disziplin tätig sind usw. Die Athleten erfahren in vielfältiger Weise, dass sie auch als Individualisten auf ein Team angewiesen sind und sich selbst aktiv in das Team mit einbringen müssen. Das ist für unsere Athleten selbstverständlich.

hlv.de: Welchen Stellenwert hat der Aufbau von Teamfähigkeiten in der täglichen Arbeit eines Vereinstrainers?

Chounard: Die Sportler zu mehr Verantwortung, mehr Eigenständigkeit und zur Rücksichtnahme gegenüber anderen Athleten zu bewegen, den Athleten zu verdeutlichen, dass man auch Aufgaben übernehmen muss, die nicht ihrem originären Ziel entsprechen - dies sind die Aufgaben, die ein Vereinstrainer erfüllen muss. Jeder muss wissen, dass er ein Teil des Ganzen ist und bereit sein, seine Fähigkeiten in das Team einzubringen. Bei Verletzungen und Misserfolgen zeigt es sich, ob ein Team funktioniert, ob es gelebt wird.

hlv.de: Ich bedanke mich recht herzlich für das Gespräch und möchte Dich bei dieser Gelegenheit natürlich zu unserem „2. HLV Leichtathletik-Kongress - Leichtathletik als Nachwuchsförderung“ einladen. Auch hier wird Pädagogik ein Schwerpunktthema sein. Über dein Kommen würden wir uns sehr freuen.

Hier geht es direkt zum Kongress www.hlv.de/LEHRE/kongress.asp – nur noch wenige Plätze frei!

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