Meister! Meister! Meister! Kevin Kranz gewinnt 100-Meter-Showdown

  22.07.2018    Leistungssport Wettkampfsport

Überraschung? Gar eine Sensation? Nicht unbedingt. Wer sich den vorherigen Saisonverlauf der schnellsten Männern Deutschlands ein wenig näher betrachtet und entsprechend gewertet hat, der konnte kaum beim Verdacht ertappt werden, dass Kevin Kranz bei den deutschen Meisterschaften keine tragende Rolle bekommen würde. Aber zugegeben: Dass sich der deutsche U23-Meister auch bei den Aktiven in Nürnberg durchsetzen würde, hätte im Wettbüro eine bemerkenswerte Quote gebracht. Und es wäre verfrüht, nach dem 100-Meter-Finale zur Prime Time am Samstagabend von einer Wachablösung zu sprechen. Aber sie wird bald kommen. Kranz, der 19-jährige Youngster vom Sprintteam Wetzlar, setzte sich in 10,28 Sekunden gegen den nationalen Rekordhalter Julian Reus (LAC Erfurt/10,32) durch, der nach fünf Titeln in Folge erstmals ein Meisterschaftsrennen verlor. Platz drei ging an Lucas Jakubczyk (SCC Berlin/10,37) vor dem zeitgleichen Michael Pohl (Sprintteam Wetzlar): Die Tausendstelentscheidung in Ziffern: 362 / 366.

Bitter für Pohl, der bei der EM dennoch einen Staffelplatz sicher haben dürfte. Und Kranz? Er wird in zwei Wochen im Berliner Olympiastadion im Einzelrennen eine ganz große Bühne bekommen. Und wenn er dort genauso entspannt und zugleich fokussiert auftritt wie in Nürnberg, könnte er dann tatsächlich für eine Überraschung sorgen. HLV-Cheftrainer Kurzsprint David Corell traut ihm bei optimalen Bedingungen eine Zeit unter 10,20 Sekunden zu. Kranz steigerte sich in Nürnberg über 10,43 Sekunden (Vorlauf) auf 10,36 Sekunden (Halbfinale) und kam im Endlauf seinem persönlichen Rekord (10,24) ganz nahe. Anders als Pohl und Reus, deren DM-Vorbereitung von größeren und kleineren Verletzungsproblematiken gestört worden war.

Kranz ist der dritte deutsche 100-Meter-Meister nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem hessischen Trikot. Zuvor hatte der spätere Doppel-Olympiasieger Armin Hary (FSV Frankfurt) im Jahr 1960 triumphiert, 1979 setzte sich in Stuttgart der bullige Fritz Heer vom TV Viernheim durch (10,45). „Ich bin überglücklich. Dass ich den Titel geholt habe, kann ich noch gar nicht richtig fassen. Ich habe eine gute Leistung gezeigt, einen super Lauf auf die Bahn gebracht. Jetzt sieht es gut aus, bei der EM in Berlin über 100 Meter dabei zu sein“, sagte Kranz.

<link https: www.hessenschau.de sport heimspiel-videos _blank internal link in current>Das 100-Meter-Finale bei hessenschau.de im Video

<link https: www.hessenschau.de sport heimspiel-videos _blank external-link-new-window internal link in current>Kevin Kranz im Interview bei hessenschau.de

Den zweiten Titel für Hessen gewann Kathrin Klaas von der LG Eintracht Frankfurt. Die Wetterbedingungen (Dauerregen) waren extrem unangenehm im Max-Morlock-Stadion, als die Hammerwurf-Konkurrenz stattfand und Klaas nach 2014 ihre zweite deutsche Meisterschaft gewann. Zwei ungültige Versuche zu Beginn hatten für zusätzliche Anspannung gesorgt. „Die Weite ist natürlich unterirdisch. Die fühlt sich an, als wenn ich nach drei Umdrehungen rückwärts werfe", sagte die deutsche Hammerwurfmeisterin. Zugesetzt hatte ihr auch eine Rückenverletzung: „Wenn es nass ist und der Ring rutschig, wird es mit den Beschwerden natürlich nicht einfacher.“

<link https: www.hessenschau.de sport heimspiel-videos _blank internal link in current>Das Hammerwurf-Finale bei hessenschau.de im Video

Stichwort Überraschung. Die hatte das Speerwurf-Finale der Frauen zu bieten, nachdem in Christina Kiffe (ASC Darmstadt) eine wurfgewaltige Siebenkämpferin den dritten Platz belegt hatte. Kiffe, in den vergangenen Jahren immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen, steigerte sich auf die persönliche Bestleistung von 54,45 Metern. Mit großem Abstand holte sich Christin Hussong (LAZ Zweibrücken) den Titel mit 63,54 Metern und damit nach 2016 ihre nächste Meisterschaft. Katharina Molitor (Bayer Leverkusen), Weltmeisterin 2015, wurde Zweite mit bescheidenen 56,75 Metern. Auch dieser Wettbewerb litt unter den widrigen Wetterbedingungen.

Vordere Platzierungen bei der DM erreichten auch Weitspringer Gianluca Puglisi (Königsteiner LV) mit 7,61 Meter und Rang fünf - ihm fehlten letztlich sieben Zentimeter zur Bronzemedaille. Nach seinem ersten gelungenen Versuch brach Puglisi den Wettkampf vorsichtshalber ab, er hatte ein Ziehen in der Kniekehle gespürt.

Doppelt im Einsatz war Siebenkampf-Vizeweltmeisterin Carolin Schäfer (LG Eintracht Frankfurt), die ebenfalls von Jürgen Sammert trainiert wird. Ihr Formtest über 100 Meter Hürden ergab 13,35 Sekunden im Vorlauf und 13,42 Sekunden im Finale (6.). Im Speerwurf wurde die Frankfurterin Siebte (50,28 Meter).

Trotz zweier couragierter Runden war für die 800-Meter-Läufer Niklas Harsy (1:50,85 Minuten) und Christopher Wenzel (beide LAZ Gießen/1:52,56) nach dem Vorlauf Schluss. Sie belegten die Plätze 11 und 14. Knapp am Finale vorbei lief Georg Fleischhauer (LG Eintracht Frankfurt) über 400 Meter Hürden. Der ehemalige deutsche Meister wurde Neunter (53,12 Sekunden). Im Endlauf am heutigen Sonntag (17.25 Uhr) stehen Titelverteidiger Luke Campbell und Joshua Abuaku (beide LG Eintracht Frankfurt).

Im Rahmen ihrer aktuellen Möglichkeiten blieb Lara Matheis (TSG Gießen-Wieseck) über 100 Meter. Sie erreichte das Halbfinale und lief in diesem Rennen 11,74 Sekunden.   

erstellt von Uwe Martin / Fotos: Jens Priedemuth

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