U18 EM Jerusalem (4. Tag): Gold-Kracher von Curly Brown mit dem Diskus - Jana Becker sichert sich mit grandioser zweiter Runde EM-Silber - Friedrich Schulze mit neuer Zehnkampf Bestmarke

  09.07.2022    Leistungssport Wettkampfsport

Finale Furioso für die hessischen Leichtathleten bei den Europameisterschaften. Am letzten Tag der U18-Titelkämpfe in Jerusalem gab es einmal Gold, eine Vizemeisterschaft sowie einen fünften Platz.

Was für ein 800-Meter-Rennen. Die erste Runde war mit 67,69 Sekunden nicht sonderlich flott, eben ein taktisch geprägtes Meisterschaftsrennen. Das Feld der acht Finalistinnen lag ziemlich kompakt beisammen, was dann auch ein paar Rempeleien mit sich brachte. Als die Glocke zur letzten Runde läutete, fand sich die Mittelstrecklerin von der LG Wettenberg plötzlich auf dem letzten Platz wieder. Dann begann die große „Jana-Show“. Becker sammelte mit einem langen und harten Spurt nach und nach die vor ihr laufenden Gegnerinnen ein. Einzig die Norwegerin Malin Hoelsveen konnte sich mit 2:09,29 Minuten knapp vor Jana ins Ziel retten. Die hatte am Ende lediglich 0,23 Sekunden Rückstand und holte sich mit 2:09,52 Minuten die Vize-Meisterschaft.

Dass sie bei einem Spurt gute Karten hat, war der 16-Jährigen Hessin seit der Gala in Regensburg klar, wo sie sich auf der Stadionrunde mit 54,76 Sekunden an die Spitze der deutschen Jahresbestenliste setzte. „Ich habe gemerkt, dass wir vorne nur noch drei Mädels sind und dass es auf eine Medaille hinauslaufen wird. Dann habe ich versucht, mich noch so gut wie möglich nach vorne zu arbeiten, und es hat für Silber gereicht. Ich bin glücklich“, fasst der Schützling von Trainer Benjamin Stalf die Endphase ihres Rennens zusammen. Becker, die auch nächste Saison noch in der U18 starten darf, gehörte im Vorfeld zu den Anwärterinnen auf eine Medaille. Sie reiste mit einer Bestzeit von 2:04,95 Minuten als Dritte des europäischen Rankings nach Jerusalem an.

Curly Brown (Eintracht Frankfurt) legte einen optimalen Start beim Diskusfinale hin. Gleich mit ihrem ersten Wurf knackte sie erstmals die 50 Meter und setzte sich mit starken 50,64 Meter an die Spitze des Feldes. Der Konter ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Ebenfalls noch in der ersten Runde warf die Princesse Hyman (FRA) den ein Kilogramm schweren Diskus auf 50,27 Meter, konnte die Eintrachtlerin jedoch nicht überholen. Während die Französin nur noch zwei weitere gültige Versuche in die Wertung brachte, überzeugte Curly mit enormer Nervenstärke und einer phantastischen Serie. Auch alle weiteren Würfe von Brown waren gültig und wurden zwischen 48,94 bzw. 49,92 Metern gemessen. Hinter dem Top-Duo sicherte sich Anna Kicinska (POL) die Bronzemedaille, hatte mit 46,60 Meter aber schon fast vier Meter Rückstand. „U18-Europameisterin, das klingt einfach mega! Ich bin sogstolz auf mich, dass ich jetzt wirklich eine Goldmedaille geschafft habe. Ih kann immer noch nicht glauben und realisieren, was ich gerade vollbracht habe“, freute sich das große Wurftalent, dass zuvor eine Bestweite von 49,67 Metern vorweisen konnte.

Die Eintracht-Athletin hat auf jeden Fall alles richtig gemacht. Gleich im Vorkampf mit 49,99 Metern an der 50er Marke gekratzt, damit als Führende ins Finale eingezogen, dort die Nerven behalten und dann auch noch den EM-Titel eingetütet. Besser geht es nicht. „Aber es hätte auch noch ein bisschen weiter gehen können. Es war mega. Ich bin so froh, dass das ganze Team da war und mich supportet hat. Es ist eine mega Ehre, die letzte deutsche Goldmedaille geholt zu haben. Ich finde kaum Worte, ich bin einfach so stolz auf jeden, der mich unterstützt hat. Ich freue mich, der krönende Abschluss zu sein“, bringt die Frankfurterin ihre Gefühle auf den Punkt. Die 16-Jährige aus der Mainmetropole ist sicherlich das große Diskus-Talent, darf sie auch 2023 noch in der Nachwuchsklasse U18 starten.

Einen fünften Platz hatte dann noch Friedrich Schulze (TV Gelnhausen) im Gepäck, der im Zehnkampf mit 7429 Punkten einen neuen Hausrekord aufstellte. Am ersten Tag gingen 11,66 Sekunden (100 m), 6,76 Meter (Weitsprung), 14,23 Meter (Kugelstoßen), 2,05 Meter (Hochsprung) sowie 51,85 Sekunden (400 m) in die Wertung ein. In der „zweiten Halbzeit“ konnten 15,09 Sekunden (110 m Hürden), 43,60 Meter (Diskuswerfen), 4,20 Meter (Stabhochsprung), 60,11 Meter (Speerwerfen) und 4:46,85 Minuten (1500 m) notiert werden. „Ich kann das noch gar nicht glauben. Klar bin ich als Zweiter angereist, aber mein Ziel war, unter die Top Acht zu kommen. Das habe ich geschafft und ich bin zufrieden. Es gibt Verbesserungspotenzial, zum Beispiel mit der Kugel. Aber das ist jetzt neue Bestleistung, endlich habe ich die 7.400 Punkte geschafft. Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich über 1.500 Meter noch mal so eine Zeit renne. Ich war so fertig, habe so oft geschlafen und war beim Physio. Fünfter Platz, ich bin zufrieden, ja! Meine Hürdenzeit hat mich ein bisschen runtergezogen, weil ich drei Zehntel langsamer war als meine Bestzeit. Diskus, 43 Meter, fast 44, ist absolut okay. Auch da ist noch Potenzial drin. Ich weiß nicht, woran es im Stabhochsprung lag. 4,20 Meter bin ich gesprungen, 4,60 ist meine Bestleistung. Der Stab war zu weich, ich war zu nah dran, am Ende hat vielleicht die Luft gefehlt und ich war müde. 60 Meter im Speerwurf waren auch gut, mein Arm hat ein bisschen wehgetan“, analysiert der Youngster aus der Barbarossa-Stadt seinen Zehnkampf. Der Titel ging mit dem neuen Meisterschafts-Rekord von 7626 Punkten an Schulzes Teamkollegen Amadeus Gräber.

erstellt von Text & Foto: Jens Priedemuth

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