Müller im Halbfinale, Tesfaye im Finale

  08.08.2018    Leistungssport Wettkampfsport

Wahrscheinlich gibt es in jeder Sportlerkarriere so eine Art Erweckungserlebnis. Etwas, dass man noch nicht hatte, sich auch nicht wirklich vorstellen konnte und dass einen deshalb unvorbereitet trifft. So könnte es bei Steven Müller am späteren Mittwochmorgen im Berliner Olympiastadion gewesen sein. Der 27-jährige deutsche Hallenmeister über 200 Meter war im vierten und letzten Erstrundenlauf am Start, die Uhr zeigte 11.14 und ein paar Sekunden später, als der Mann von der LG ovag Friedberg-Fauerbach auf die Zielgerade einbog. „Dann kommst du aus der Kurve raus und die Leute fangen an zu brüllen und du fragst dich: Meinen die dich?“ Sie meinten ihn, zumindest der überwiegende Teil der Leichtathletik-Fans, und Müller zeigte bei seinem ersten Rennen im Nationaltrikot eine bemerkenswerte Leistung. In 20,78 Sekunden qualifizierte er sich als Vorlaufzweiter direkt für das Halbfinale, das am heutigen Abend (ab 20.15 Uhr) stattfindet.

Es liegt wohl recht nahe bei der Wahrheit, wenn man den Eindruck weitergibt, dass der schnelle Hesse ziemlich geflasht war von allem, was bei dieser EM passiert. „Ein toller Auftritt“, sagt der Stadionmoderator, doch Müller antwortete auf dessen zwei Fragen einsilbig, jeweils ein Wort. Was direkt nach dem Rennen und auch ein wenig später in seinem Kopf vorging, hätte man gerne gewusst; ebenso, wie er sich auf seine erste internationale Meisterschaft vorbereitet hat und wie er die Zeit bis zum Halbfinale überbrückt. Doch er sagte nur: „Berufsgeheimnis.“ Okay, er werde seinen Trainer Otmar Velte anrufen, um zu besprechen, „was ich noch besser machen kann“. Doch ansonsten war Müller beinhart im Tunnel. Dass er noch nie auf Bahn 8 gelaufen sei, meinte er noch und dass „wir alles getan haben, um die Zeit auf die Bahn zu bringen“. Dann verschwand er ins DLV-Mannschaftshotel.

Am dritten EM-Tag musste auch Homiyu Tesfaye im Glutofen Olympiastadion auf die blaue Bahn. Und auch sein erster Auftritt war nicht sein letzter. Im ersten von insgesamt drei Vorläufen über 1.500 Meter sah es zunächst gut aus für den 25-jährigen Mittelstreckenläufer von der LG Eintracht Frankfurt, dann eher mittelprächtig, und als die Pessimisten zu bemerken gedachten, es würde nun kaum noch etwas gehen nach vorne, drückte Tesfaye auf der Zielgeraden aufs Gaspedal und sicherte sich den zweiten Platz in 3:49,28 Minuten. Die direkte Qualifikation für das Finale – sichtbar durch ein großes „Q“ - war gelungen. Die Zeit? Nebensache. Wichtig war es,  auf Rang eins bis drei einzulaufen oder einer von zwei Zeitschnellsten zu sein. Der Endlauf wird am Freitag um 21.50 Uhr gestartet.

Die Berichterstatter von hlv.de machen jetzt ein wenig Siesta und melden sich am Abend wieder. Dann läuft nicht nur Steven Müller nochmals, sondern auch Natalie Tanner (LG Eintracht Frankfurt) im Finale über 10.000 Meter (20.40 Uhr). Bis dahin …

erstellt von Text: Uwe Martin / Fotos: Jens Priedemuth

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