Gute Botschaften von der Frankfurter Eintracht: Georg Fleischhauer wechselt an den Main

  03.12.2014    Trainerportrait

Hinter Wolfram Tröger liegen anstrengende Wochen. Die Transferperiode bei den Leichtathleten ist immer eine Art verspätete Herbstbelebung, zeitintensiv, anstrengend, bisweilen nervenaufreibend. Tröger, in seinen Jugendjahren mit einer Bestleistung von 4,50 Metern ein passabler Stabhochspringer, ist seit 2009 Abteilungsleiter der Eintracht-Leichtathleten. Und zu seinem ehrenamtlichen Tagesgeschäft bis Ende November gehören zuvorderst die Vertragsgespräche mit den Topathleten. In diesem Kontext hatte es in den zurückliegen Tagen einige Rückschläge gegeben. Wie in dieser Zeitung gemeldet, hatten die EM-Vierte im Siebenkampf, Carolin Schäfer (TV Friedrichstein), der Zehnkämpfer Jan Felix Knobel und die U20-WM-Dritte im Weitsprung, Maryse Luzolo, (beide Königsteiner LV) den Verein verlassen. Personalien, die Tröger mit Bauchgrimmen (Carolin Schäfer), Verständnis (Maryse Luzolo) und guten Wünschen (Knobel) kommentiert. „Die gute Botschaft ist, dass alle anderen Spitzenathleten bleiben.“<ENDE/>
Gemeint sind unter anderen: Die Hammerwerferinnen Betty Heidler, Kathrin Klaas und Carolin Paesler, die Marathon-, Mittel und Langstreckenlaufgruppe um Trainer Wolfgang Heinig (Gesa Krause, Homiyu Tesfaye, Katharina Heinig), der deutsche Hochsprung-Meister Martin Günther, der ehemalige Zehnkampf-Europameister Pascal Behrenbruch und die WM-Vierte im Siebenkampf, Claudia Rath. Und auch die deutsche Hochsprung-Rekordhalterin Ariane Friedrich wird nach der Geburt ihrer Tochter Amy (12. September) im nächsten Jahr ein Comeback im Eintracht-Trikot wagen. Und es gibt sogar einen prominenten Neuzugang: Georg Fleischhauer, deutscher Meister der Jahre 2010 und 2012, EM-Sechster (2012) und WM-Halbfinalteilnehmer (2011) über 400 Meter Hürden. Bestzeit 48,72 Sekunden. Fleischhauer wechselt vom Dresdner SC nach Frankfurt und wird bei Olympiasieger Volker Beck trainieren. Dass die Eintracht mit anderen westdeutschen Spitzenklubs (Bayer Leverkusen, TV Wattenscheid) finanziell nicht mithalten kann, ist bekannt; aber auch im Osten tut sich derzeit Erstaunliches. Etwa beim SC DHfK Leipzig mit den Verpflichtungen von Kugelstoß-Weltmeister David Storl sowie der Diskuswerferin Nadine Müller (WM-Zweite 2011).
Und der Leistungssportetat der Frankfurter Eintracht? Die finanziellen Zuwendungen vom Gesamtverein, erwirtschaftet von der Fußball AG, bleiben für die Leichtathleten stabil, laut Tröger kommen womöglich noch „externe Zuwendungen“, sprich Sponsorengelder, hinzu. So dass der Jahresetat 2015 wieder eine Größenordnung von etwa 200.000 Euro haben dürfte. Abzüglich eines kleinen Verlustvortrags. „Es gibt keinen Verein in Deutschland, der mit seinen Mitteln so effizient arbeitet wie wir“, sagt Tröger. Und auch im internationalen Kontext, Stichwort Europameisterschaft 2014 in Zürich, sei die Eintracht gut aufgestellt. „Wir lagen nur einen Nationenpunkt hinter der gastgebenden Schweiz.“ Im Gesamten, so das Vorstandsmitglied einer Frankfurter Personalberatung, „haben wir die Chance, die Leichtathletik noch weiter nach vorne zu bringen“. Die Hoffnung basiert auf der weiteren Akquisition von Sponsoren, die bereits den Trikotwechsel von Fleischhauer ermöglicht haben. Erreicht der Sechsundzwanzigjährige wieder Zeiten um 49 Sekunden, wäre er ein Kandidat für die WM 2015 in Peking.

Dass es auf dem Posten der Büroleiterin eine personelle Veränderung gab - Emila Hristova folgte auf Mona Steigauf, die zum 1. Oktober beim SSV Ulm als Geschäftsführerin tätig wurde - ist angesichts der internationalen Ansprüche der Eintracht-Leichtathleten mehr als nur eine Randnotiz. Ebenso die abschließende Erarbeitung eines Strukturkonzepts für den Nachwuchsbereich. Doch so richtig treu geblieben ist die Eintracht ihrer Philosophie, nur Athleten zu fördern, die in Frankfurt wohnen respektive dort trainieren, nicht. Bestes Beispiel ist Betty Heidler. Zehn Jahre Weltspitze im Hammerwurf, ein Weltrekord, ein WM- und ein EM-Titel, zweimal WM-Zweite und Olympiadritte - das sind die herausragenden Erfolge der 31 Jahre alten Polizeihauptkommissarin.
Als Testimonial für die Frankfurter Leichtathletik taugt Betty Heidler aber nur noch bedingt. Sie wohnt seit einem Jahr in Berlin, ebenso ihr Heim- und Bundestrainer Michael Deyhle sowie die 70-Meter-Werferin und EM-Finalteilnehmerin Carolin Paesler. Selbst das Fachportal leichtathletik.de schrieb kürzlich von der „Berliner Trainingsgruppe“. Womöglich sind dies Zugeständnisse, die unumgänglich sind, will ein Verein seine erfolgreichste Athletin nicht verlieren. „Das ist der gerne akzeptierte Kompromiss für den Sonderfall Betty Heidler“, sagt Tröger und sieht die Eintracht auf einem guten Weg. Aber nicht nur das. „Wir bekommen es auch hin, die LG zu einer Einheit zu formen.“ Also das einst von der Stadt eingeforderte Konstrukt der Leichtathletik-Gemeinschaft, zu der noch die TSG Nordwest, die TG Sachsenhausen, der FSV Frankfurt und der TSV Bonames gehören.
Uwe Martin

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