Tag eins der U20 Weltmeisterschaften in Cali

  03.08.2022    HLV Leistungssport
Okai Charles stürmt im Vorlauf mit der der 4x400 Meter „Mixed“ Staffel in 3:22,41 Minuten zu einem neuen deutschen Rekord - Katja Seng im Diskus-Finale - überraschendes Aus für Weitspringer Oliver Koletzko und Aaron Giurgian über 110 Meter Hürden - Mittelstreckler Christoph Schrick über 1500 Meter nicht mehr dabei

Los geht’s. Gleich am ersten Tag der U20 Weltmeisterschaften in Cali (Kolumbien) mussten einige Hessen ran. Staffeln haben in einer Individual-Sportart wie der Leichtathletik immer einen besonderen Stellenwert. Der ist dann noch ein ganzes Stücken höher, wenn es um den Einzug in ein WM-Finale geht. Okai Charles (Königsteiner LV) gehörte der deutschen 4x400 Meter „Mixed-Staffel“ (jeweils zwei Männer und Frauen) an, die im dritten (und letzten) Vorlauf an den Start ging. Um sicher im Finale dabei zu sein, musste man in seinem Lauf zu den Top-Zwei gehören oder zu den dann noch zwei schnellsten Teams, mit denen das Achter-Feld für den Endlauf ergänz wird.

Im ersten Rennen konnten es nach der Absage der starken Laufnationen Nigeria und Bahamas die übrigen Mannschaften etwas ruhiger angehen. Botswana und Tschechien reichten nicht ganz so flotte 3:29,28 bzw. 3:29,45 Minuten für den Endlauf. Im zweiten Lauf trumpfte das Team USA in ganz starken 3:18,65 Minuten mit einem neuen Meisterschafts-Rekord auf. Dahinter unterstrich Jamaika mit 3:19,74 Minuten seine Medaillen-Ambitionen. Mit Kenia fehlte hier ebenfalls ein schnelles Team.  

Sehr gut drauf war im dritten Rennen dann die DLV-Truppe in der Besetzung Florian Kroll (LG Osnabrück), Lysann Helms (Hamburger SV), Okai Charles (Königsteiner LV) und Tessa Srumf (LAV Bayer Uerdingen-Dormagen). Das schnelle Quartett zauberte mit 3:22,41 Minuten einen neuen deutschen Rekord auf die blaue Bahn von Cali und machte mit Platz zwei den Finaleinzug auf Anhieb klar. Etwas überraschend war hier der deutliche Sieg von Indien, nicht gerade eine der Top Leichtathletik-Nationen. Mit starken 3:19,62 Minuten gab es hier sogar einen neuen Asien-Rekord. In der Endabrechnung der drei Vorläufe hat sich die DLV-Truppe auf Position vier einsortiert. Jedoch schon mit 2,67 Sekunden Rückstand auf Jamaika. Im Finale werden die Karten aber auf jeden Fall neu gemischt. Eventuell erhält dann mit Lasse Schmitt (Königsteiner LV) ein weiterer Hesse eine Startchance. Der Langhürdler gehört ebenfalls zum DLV-Staffelaufgebot. „Es hat sich gut angefühlt. Das war etwas überraschend, weil ich heute Morgen noch Kopfschmerzen hatte. Jetzt gehen wir mit voller Zuversicht ins Finale“, berichtet Okai Charles.

Sechs Zentimeter sind nicht sonderlich viel - ungefähr eine Daumenlänge. Im Weitsprung können das Welten sein. Das kann auch Oliver Koletzko (Wiesbadener LV) bestätigen. Denn genau diese sechs Zentimeter waren es, die dem amtierenden deutschen Jugend-Meister an seinem 19. Geburtstag zum Einzug ins Finale fehlten. Dort wollte „Oli“, so sein WM-Ziel in der offiziellen Team-Broschüre, nochmals auf Weitenjagd gehen. Nach der Hallen-DM in Leipzig bremste eine Verletzung den Taunus-Athleten etwas aus. Doch in den drei letzten Freiluft-Wettkämpfen fand Koletzko langsam wieder zurück zu alter Stärke und Konstanz. Ein schöner zweiter Platz bei der DM der „Großen“ in Berlin, ein starker Auftritt mit Sieg bei der Bauhaus-Gala in Mannheim und zuletzt der sichere DM-Titel bei der Jugend in Ulm unterstrichen den klaren Aufwärtstrend bei Koletzko, der mit einer Jahresbestweite von 7,69 Metern (PB aus 2021 sogar 7,98 m) nach Kolumbien angereist war. 

„Klar, das ist ärgerlich, aber ich bin nach der schwierigen Saison nicht groß enttäuscht. Mein erstes Ziel war es, zur WM zu fahren, das habe ich geschafft. Der Final-Einzug war das zweite Ziel, aber das sollte heute noch nicht so weit sein. Aber ich bin noch jung, das stimmt mich optimistisch. So viele Zuschauer in der Vormittags-Session hatte ich nicht erwartet, das war wirklich cool“, fasst Koletzko seinen WM-Start zusammen.

Alles richtig machte in der A-Gruppe beim Diskuswerfern Katja Seng (LAZ Bruchköbel). Nach einem ungültigen Versuch zum Auftakt, flog der Diskus im zweiten Durchgang auf 49,99 Meter. Das sollte für den Schützling von Heimtrainer Michael Krause ausreichen, um das große Ziel „WM-Finale“ zu realisieren. Die direkte EK-Qualifikation, gefordert waren hier 52,50 Meter, schaffte in Katjas Gruppe lediglich die Schwedin Emma Sralla (54,11 m). Zuerst war für die LAZ-Werferin aber noch Abwarten angesagt, was die Konkurrentinnen der B-Gruppe in die Wertung bringen würden. Als Neunte der Gesamtwertung löste Seng dann aber sicher das Ticket fürs Finale. Dort soll dann bei der Weite auch wieder ein „Fünf“ vor dem Komma stehen und der Diskus nach Möglichkeit in Richtung der persönlichen Bestmarke von 53,28 Meter fliegen.

Eine Überraschung war zweifelsfrei das frühe WM-Aus von Aaron Giurgian gleich in der ersten Runde über die 110 Meter Hürden. Der Mann vom Sprintteam Wetzlar war mit der Hessenrekordzeit von 13,56 Sekunden angereist, fand in seinem Vorlauf aber überhaupt nicht in die Spur und schied mit enttäuschenden 14,09 Sekunden leider aus. Für die nächste Runde wären über die Zeit 13,98 Sekunden nötig gewesen. Eine Leistung, die Giurgian eigentlich problemlos drauf hat. „Es war richtig schlecht und kam jetzt ziemlich unerwartet. Ich hatte mental das Gefühl, dass ich bereit bin, eine schnellere Zeit als sonst zu laufen. Aber es hat nicht geklappt. Ich nehme es als Erfahrung und muss weiter hart an mir arbeiten“, so der Kurzhürdler in der Analyse.

Auch Christoph Schrick (ASC Darmstadt) hatte sich seine WM-Premiere  bestimmt anders vorgestellt. Die Vorgabe auf der klassischen Mittelstrecke lautete: Die jeweils drei schnellsten Läufer pro Runde sowie drei weitere Athleten über die Zeit kommen ins Finale. In der Anfangsphase des zweiten Vorlaufes ließ es der ASCler etwas ruhiger angehen und hielt sich im hinteren Drittel des Feldes auf, ehe er sich dann weiter nach vorne orientierte. Ein paar Rempeleien und Positionskämpfe in dem engen Feld waren dabei sicherlich nicht sonderlich hilfreich. Nach einem sechsten Platz in 3:47,66 Minuten war klar, dass es für den Deutschen Jugendmeister der Jahre 2021 und 2022 ziemlich eng werden würde. So kam es dann auch. Schrick, der eine Bestzeit von 3:42,10 Minuten hat fand sich in der Endabrechnung auf Position 16 wieder. Das letzte Finalticket über die Zeitregel schnappte sich mit 3:46,60 Minuten der Österreicher Kevin Kamenschak. „Ich habe taktisch ein, zwei Fehler gemacht und habe mich etwas zu weit hinten aufgehalten. Zu Beginn war es eigentlich okay, aber hintenraus habe ich dann leider auch noch einen Platz verloren. Es war ein schnelles Rennen mit vielen Positionskämpfen. Für die 3000 Meter nehme ich daraus jetzt mit, dass ich mich von Anfang an besser positionieren muss“, lautete das Fazit des ASClers. 

erstellt von Jens Priedemuth

HLV-Partner