Sekt und Selters für hessisches Sextett bei der Team-EM

  28.06.2023    HLV Leistungssport Wettkampfsport
Überfliegerin Sarah Vogel mit Stabhochsprung-PB im polnischen Chorzow

Mit gleich sechs Athletinnen und Athleten war die hessische Leichtathletik beim Team-Europa-Cup in Chorzow (POL) bestens vertreten. Nach einem etwas holprigen Start bei der dreitägigen Veranstaltung kam die deutsche Equipe beim großen Vergleichs-Kampf der sechzehn besten LA-Nationen des Kontinents immer besser in Fahrt. Am Ende wurde es dann ein dritter Platz (387,5 Pkt.) hinter den überragenden Italienern (426,5 Pkt.), die Titelverteidiger Polen (402,5 Pkt.) schlagen konnten. Für die DLV-Truppe mit einer Reihe von etablierten und einigen jungen Kräften war Chorzow ein schöner Erfolg. Auch 2021 fand der Europa-Cup an gleicher Stelle statt und endete mit dem undankbaren vierten Platz. Aus hessischer Sicht musste Samantha Borutta im „Slaski Stadion“ zuerst ran.

Hammerwerfen: Samantha Borutta legte im ersten Versuch mit einem gültigen Wurf auf 66,42 Meter los. Doch gleich in der zweiten Runde flog der dann auf 68,92 Meter, ehe der Athletin von Eintracht Frankfurt im fünften Durchgang nochmals eine kleine Steigerung auf 68,97 Meter gelang. Das bedeutete am Ende den sechsten Platz in einem hochklassigen Feld. Die Sportsoldatin kam mit diesem Resultat auch ganz nach an ihre Saisonbestmarke von 69,40 Metern ran. Mit einem „70er“ klappte es aber diesmal leider noch nicht. Weiten in diesem Bereich brachte das Spitzen-Quartett in die Wertung. Mit starken 73,26 Metern setzte sich die Italienerin Sara Fantini knapp gegen die noch zur U23 gehörende Finnin Silja Kosonen (73,34 m) durch. Etwas enttäuschend sicherlich der dritte Platz für Malwina Kopron vom Gastgeberland Polen. Die Olympia-Dritte musste mit 71,18 Meter zufrieden sein und hatte lediglich vier Zentimeter Vorsprung auf Charlotte Payne (GBR).

„Ich war als Achte gemeldet und habe mich auf den sechsten Platz hochgearbeitet. Damit bin ich auf jeden Fall zufrieden. Die Serie war auch ganz konstant, immer um die 68 Meter rum. Ich habe mit meinen Trainern etwas umgestellt und gesehen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel will ich meinen Titel verteidigen und auf jeden Fall wieder die 70 Meter angreifen“, so die 22-Jährige Eintrachtlerin in ihrer Analyse.

100 Meter: Bei sechzehn Starterinnen musste das Feld in einen A und B-Lauf aufgeteilt werden. Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar) war mit ihrer „SB“ von 11,16 Sekunden natürlich für das schnellere Rennen gesetzt. Im B-Lauf hatte die Spanierin Jael Bestue gute 11,25 Sekunden vorgelegt. Es war jedoch klar, dass es zehn Minuten später deutlich schneller werden würde. Lisa Mayer hatte die fünfte Bahn, direkt neben der Top-Favoritin Ewa Swoboda. Die Polin kam auch bestens aus dem Block, zauberte in schnellen 11,09 Sekunden auch einen neuen „Meisterschafts-Rekord“ auf den blauen Tartanbelag und blieb nur um 0,06 Sekunden über ihrer Bestzeit. 

Gar nicht nach Plan lief es dagegen bei Lisa Mayer, die bereits am Start nicht gut aus dem Block kam. Die Aufholjagd war nicht sonderlich erfolgreich und endete nach 11,36 Sekunden mit dem achten und letzten Platz. In Addition der beiden Läufe fand sich die Europameisterin mit der Staffel sogar nur auf Rang neun wieder.

„Die Zeit war heute eigentlich nebensächlich. Ich wollte mich in einem engen Feld, was die Vorleistung angeht, behaupten. Ich wusste, dass ich da vorne mitreden kann, und das habe ich heute nicht gemacht. Aber ich bin selbst daran schuld, was mich am meisten ärgert“, so Mayer. 

Die eigentlich erfahrene Sprinterin ärgert sich besonders über die Sekunden kurz vor dem Schuss. „Ich habe mich beim Warm-Up herausragend gefühlt, da ging einiges. Und dann sitze ich da im Startblock und lasse mich davon verunsichern, dass der Starter so lange mit dem `Set´ wartet. Das darf einem einfach nicht passieren. Er hat nach dem `Auf die Plätze´ unglaublich lange gewartet. Aber ich bin mittlerweile alt und erfahren genug, um das zu übergehen. Und wenn man sich darüber Gedanken macht, dann findet der Start ohne einen statt“

Bereits an diesem Wochenende hat die 27-Jährige Athletin jedoch die Chance zur sportlichen „Wiedergutmachung“, wenn sie beim Meeting in La Chaux-de-Fonds (SUI) erneut in den Startblock geht. 

Stabhochsprung: Sarah Vogel war mit ihren erst 21 Jahren die überragende Athletin im hessischen Team. Die letzten knapp zwei Jahre waren für die Studentin der Biochemie geprägt von diversen gesundheitlichen Problemen und Verletzungen, keine einfache Zeit. Doch die U20-Europameisterin von 2021 in Tallinn, von dort stammt auch ihre Bestmarke (4,30 m), arbeitete eisern und zielstrebig an ihrem Comeback. Bei einem Meeting in Gräfelfing überquerte Vogel jüngst 4,25 Meter. Nun also die Premiere im Nationaltrikot bei den „Großen“. Sarah stieg in der B-Gruppe bei 3,90 Metern in den Wettkampf ein. Diese Höhe und auch die dann aufgelegten 4,10 sowie 4,25 Meter gelangen auf Anhieb. Dann wurde die Latte auf 4,40 Meter hochgefahren. Es wäre für die Springerin von Eintracht Frankfurt ein neuer persönlicher Rekord. Und so kam es dann auch, denn auch diese Marke überflog Vogel auf Anhieb und landete jubelnd auf der Matte. Die 4,50 Meter waren diesmal noch etwas zu hoch, klappen aber ja dann eventuell bei der U23 Europameisterschaft im finnischen Espoo. Dort trifft der Schützling von HLV-Coach Anastasija Steinbeck dann auch auf Alien Vekemans. Die Belgierin setzte sich als Siegerin der B-Gruppe mit 4,50 Meter an die Spitze der europäischen U23 Bestenliste.

„Bestleistung im zweiten Wettkampf der Saison. Was will man mehr. Ich war vor dem Wettkampf sehr, sehr aufgeregt. Zum ersten Mal saß ich mit Top-Springerinnen im Callroom. Und das als einzige deutsche Starterin. Aber ich habe mein Ding durchgezogen und viele Punkte fürs Team geholt“, fasst Vogel den Wettkampf zusammen.

Letztendlich brachte der siebte Platz genau zehn Punkte für die DLV-Truppe. Der Sieg auf der A-Anlage ging erwartungsgemäß mit 4,71 Metren an die finnische Europameisterin Wilma Murto. Dahinter sortierten sich höhengleich mit 4,60 Metern Angelica Moser (SUI) sowie Amalie Svabikova (CZE) ein.

400 Meter Hürden: Eigentlich sah alles ganz normal aus. Joshua Abuaku kam mit den sieben weiteren Langhürdlern des A-Laufes ins Stadion um machte sich final warm. Ein paar kurze Antritte, ein Start aus dem Block und lockere Steigerungen. Nach dem Startschuss kam der Mann von Eintracht Frankfurt auch bis zur ersten Hürde, lief aber an ihr rechts vorbei. Somit war das Rennen vorzeitig beendet. „Germany - 0 points“ stand in den Ergebnislisten. 

„Beim Probestart habe ich ein Ziehen im Oberschenkel gespürt. Ich wollte es trotzdem noch probieren. Aber ich habe gemerkt, dass ich mich verletzten werde, wenn ich voll durchziehe. Das war eine reine Vorsichtsmaßnahme, um den weiteren Saisonverlauf nicht zu gefährden“, berichtet Abuaku, der mit einer Vorleistung von starken 48,67 Sekunden anreiste und somit eigentlich auch Anwärter auf eine Top-Drei Platzierung war. An der Spitze glänzte schließlich der Italiener Alessandro Sibilio mit dem neuen Meisterschaftsrekord von 48,14 Sekunden. Das Podium komplettierten dahinter der U23 Ismail Nezir (TUR/48,84 sec.) und der Niederländer Nick Smidt (48,95 sec.).

1500 Meter: Außer Spesen nichts gewesen. Auf diesen etwas flachen Nenner lässt sich der Auftritt von Amos Bartelsmeyer über die 1500 Meter bringen. Es war ein typisches Rennen, wenn es nicht auf schnelle Zeiten sondern die Platzierung ankommt. Die Durchgangszeiten von gut 63 Sekunden bei 400 Metern und 2:02 Minuten bei der 800er Marke waren nicht übermäßig flott. Kein Wunder, dass das Feld der 16 Mittelstreckler auch lange kompakt zusammen blieb. Als es dann langsam in Richtung letzter Runde ging, hatten sich zwei Gruppen gebildet. 

Zu diesem Zeitpunkt hatte Bartelsmeyer mit dem Ausgang des Rennens schon nichts mehr zu tun. Schon bei den 1000 Meter sah der amtierende deutsche Hallenmeister nicht mehr locker aus und war deutlich zurückgefallen. Verwunderlich, hatte der Eintrachtler doch erst Anfang Juni mit starken 3:34,39 Minuten eine neue persönliche Bestmarke aufgestellt. In Chorzow übernahm dann nach „Halbzeit“ Mohamed Katir die Regie und zog das Tempo an. Der Einsatz des Spaniers wurde mit dem Sieg in der neuen Meisterschafts-Bestzeit von 3:36,95 Minuten belohnt. Im Schlepptau des gebürtigen Marokkaners markierten Issac Nader (POR) und Niels Laros (NED) Zeiten von 3:37,37 bzw. 3:37,59 Minuten. Bartelsmeyer beendete das Rennen als Vorletzter in 3:48,59 Minuten gut zehn Sekunden hinter der Spitze.

„Ich hatte heute gar keine Kraft. Schon nach zwei Runden hat es sich angefühlt wie auf den letzten 300 Metern“, verriet der enttäuschte Eintracht Athlet. 

4x100 Meter: Lisa Mayer hatte mit der Staffel ihren zweiten Einsatz in Chorzow und kam auf Position zwei auf der „langen“ Gegengeraden zum Einsatz. Startläuferin war Lisa Nippgen (MTG Mannheim), die zweite Kurve lief Louise Wieland (Hamburger SV), die an Jennifer Montag (TSV Bayer 04 Leverkusen) übergab. Das Sprintquartett war nach 43,24 Sekunden als fünfte Staffel im Ziel. Wenig später rutschte die DLV-Truppe auf den vierten Platz vor, nachdem die schnelleren Britinnen wegen eines Wechselfehlers disqualifiziert wurden. An der Spitze machten die Frauen aus den Niederlanden den Sieg klar und setzten sich mit Staren 42,61 Sekunden an die Spitze der europäischen Bestenliste. Auch die Polinnen blieb mit 42,97 Sekunden noch „unter 43“. Der dritte Platz ging nach 43,13 Sekunden an Spanien.

erstellt von Jens Priedemuth