Vom Volks- und Straßenlauf zur Stadionfernen Veranstaltung

  08.12.2022    HLV Sportentwicklung 75 Jahre HLV
Ein Rückblick

Im Jahre 2013 konnte die Laufbewegung auf 50 Jahre Volkslauf, u. a. auch in Hessen, zurückblicken. Und im kommenden Jahr werden es bereits 60 Jahre sein. Geprägt wurde das Geschehen von den vielen kleinen und großen Veranstaltern, die sich alljährlich viel Mühe gaben, den Läuferinnen und Läufern attraktive Angebote zu unterbreiten. Im Jahre 2016 freuten sich die Verbandsverantwortlichen nach 2009 erneut über mehr als 400 Veranstaltungen. Im Jahr davor konnten sie mehr als 256.000 Starts zur Kenntnis nehmen, was DLV-weit Platz 2 unter den 20 Landesverbänden bedeutete. Dabei ist nach wie vor auffallend, wie deutlich die Größenunterschiede bei den einzelnen Veranstaltungen sind. Reichen sie doch von > 70.000 bis hin zu 20 Teilnehmern, wobei die überwiegende Mehrheit in einer Größenordnung zwischen 150 und 300 Aktiven liegt.

Deshalb an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön von mir sowie dem Regionalbeauftragten Rhein-Main, Jens Indorf, an die Ausrichter, die sich immer wieder sehr für „ihre“ Veranstaltungen einsetzen, damit die Läuferinnen und Läufer gute Rahmenbedingungen vorfinden. Und nicht nur für die, denn im Laufe der Jahre kamen zu ihnen mit Walkerinnen und Walkern, Nordic-Walkerinnen und -Walkern, Inlineskaterinnen und -skatern weitere Aktive hinzu. Im gleichen Maße verringerte sich aber damit auch die Zahl der teilnehmenden Wanderinnen und Wanderer.

In den Jahren 2014 und 2015 kam es zu einer überaus intensiven, z. T. sehr kontrovers und emotional geführten Diskussion über die Einführung einer DLV-weit einheitlichen Veranstaltungs-Genehmigungsgebühr an die Landesverbände bzw. den DLV. Man einigte sich schließlich auf die Hälfte der ursprünglich angedachten Höhe, also 50 Cent, von denen 80 % beim jeweiligen Landesverband und 20 % beim DLV verblieben. Begründet wurde das Mehr an Einnahmebedarf u. a. mit einem bundesweit einheitlichen Unfallversicherungschutz für die Teilnehmerinnen und –teilnehmer sowie der zwischenzeitlich auch beim HLV erfolgten Steigerung des Services, was sich z. B. in mehr Personal in der Geschäftsstelle widerspiegelte, wodurch die Qualität der Arbeit in dem Bereich deutlich verbessert werden konnte. Zugleich wurde eine Problematik des Verbandes deutlich: Dieser hatte auch bei der Umstellung von DM auf Euro seinen Gebührensatz über mehrere Jahrzehnte nicht erhöht. Deshalb fiel die Anpassung an die bundesweite Regelung etwas deutlicher aus.

Gleichzeitig mit der Einführung bundeseinheitlicher Gebühren kam es auch zu einer Umbenennung des Laufbereiches. Ab sofort orientierte man sich an der internationalen Bezeichnung „non stadia“ und machte daraus im deutschen Sprachgebrauch „Stadionferne Veranstaltung“. Aus den „Volks- und Straßenlaufwarten“ der Landesverbände (LV) wurden „Laufwarte“, die je nach LV für den allgemeinen Lauf, den Straßenlauf, den Crosslauf, den Berglauf sowie die neu aufkommenden urbanen sowie Trail- und Erlebnisläufe zuständig waren. Die ursprünglich angedachte Bezeichnung „Landesverbandskoordinator für stadionferne Veranstaltungen“ setzte sich zum Glück nicht durch; vermutlich scheiterte sie an einer möglichen Abkürzung.

Nachdem sich in den folgenden Jahren die Szene wieder etwas beruhigt hatte, trat Ende Januar 2020 auch in Deutschland ein Virus auf, dass vieles veränderte: Staatlich verordnet durften „Stadionferne Veranstaltungen“ nicht mehr durchgeführt werden! Fast alle Veranstalter sagten daraufhin ihre Läufe ab. Meisterschaften fanden, wenn überhaupt, nur unter besonderen Rahmenbedingungen statt. Und auch im folgenden Jahr gab es noch erhebliche Einschränkungen, insbesondere in den Wintermonaten, sodass viele Veranstalter das Risiko einer Ausrichtung scheuten und deshalb erneut ihre Läufe absagten. Erst in diesem Jahr kehrte ein Hauch von Normalität im Laufgeschehen ein, dessen erfreulicher Umstand durch die Tatsachen getrübt wurde, dass zum einen etliche Helfer die Erfahrung gemacht hatten, dass es sich auch ohne Veranstaltung leben lässt, dass zum anderen die Überalterung bei etlichen Ausrichtern das Aus bedeutete.

Gleichwohl bleibe ich zuversichtlich: Das Laufen gehört zum Kernbewegungsdrang eines Menschen, sich mit anderen zu messen, zu einem seiner elementaren Antriebe. Deshalb ist mir um den Bereich „Stadionferne Veranstaltungen“ nicht bange - er muss sich vielleicht nur selbst dem Zeitgeschmack anpassen!?

erstellt von Jochen Miersch