Ariane Friedrich - kein Finale, keine Ruhe

  10.08.2012    Trainerportrait

Um es gleich vorweg zu sagen: Es folgt eine persönliche Meinungsäußerung, ein Kommentar, keine nachrichtliche Aufarbeitung. Wie ja zuletzt viele Artikel über Ariane Friedrich subjektiv gefärbt waren. Und andere öffentliche Äußerungen über die Hochspringerin von der LG Eintracht Frankfurt, die mittels der Härtefall-, gerne auch Einzelfallregelung genannt, für die Olympischen Spiele in London nominiert wurde und dort mit 1,93 Meter in der Qualifikation ausgeschieden ist. Gesprungen im dritten (sehr guten) Versuch), was nach Unsicherheiten des Kampfgerichts und Uneinigkeit der Springerinnen aber nicht reichte, um sich für das Finale zu qualifizieren. Dafür hätten es 1,96 Meter sein müssen, was letztlich vom Kampfgericht - warum auch immer - eingefordert wurde. An dieser Höhe scheiterte Friedrich dreimal, einmal denkbar knapp. Für das Männerfinale wurden 14 Springer zugelassen, warum nicht bei den Frauen? Auch diese Frage drängt sich auf nach einem für Friedrich letztlich unbefriedigenden Wettkampf. Saisonbestleistung um einen Zentimeter verbessert, Finale unglücklich verpasst, die Kritiker milde gestimmt? Nein. Es war wie immer in den vergangenen Wochen, die 28-Jährige spaltet.<ENDE/>
Man sieht dies nicht repräsentativ, aber doch deutlich, in den Leserkommentaren bei faz.net, spiegel.de oder welt.de. Hier die Schmäher, die sich auch über ihre Haarfarbe mokieren, auf der anderen Seite die eher sachlich motivierten. Friedrich hat zuletzt nicht alles richtig gemacht, insbesondere beim Facebook-Outing eines Stalkers, aber an ihrer internationalen Konkurrenzfähigkeit zu mäkeln, ist purer Blödsinn. Genauso wie die Einlassung von Ulrike Nasse-Meyfarth, die ihre unbotmäßige Kritik an der Friedrich-Nominierung im Vorfeld der Spiele unaufgefordert einem Sportnachrichtendienst zukommen ließ. Nun hat die aktive Hochspringerin die zweimalige Olympiasiegerin (1972, 1984) als „Nestbeschmutzerin“ bezeichnet. Kann man es ihr verdenken? Friedrich ist im Sommer zweimal die B-Norm des DLV (1,92 Meter) gesprungen, sie hatte sich zurückgekämpft nach einem Achillessehnenriss, sie hat keiner anderen deutschen Hochspringerin den Startplatz weggenommen, sie verursachte keine nennenswerten Kosten, sie „scheiterte“ am Kampfgericht und an der Fehlversuchregel, sie hat gezeigt, dass sie wieder hoch springen kann.
Friedrich aktuell an ihrem deutschen Rekord (2,06 Meter) zu messen, ist angesichts der Schwere der Verletzung aus dem Dezember 2010 ohnehin dreister Unfug. Aber es zeigt, wie die Debatte aus dem Ruder gelaufen ist. Wurde irgendwo über die peinlichen Auftritte von Carolin Nytra (100 Meter Hürden) und Matthias de Zordo (Speerwurf, auch ein Härtefallstarter!) diskutiert? Nein. In diesen beiden Fällen wäre es angebracht gewesen. Was der Fall Friedrich exemplarisch aufzeigt, ist eine Hire-and-Fire-Mentalität, man könnte es auch beliebigen Opportunismus nennen. Hallen-Europameisterin, EM- und WM-Dritte - war da mal etwas? Da war noch etwas, beinahe flächendeckend: fehlender Respekt gegenüber einer Athletin, die nach dem Riss ihrer linken Achillessehne auch hätte sagen können: Schluss, ich muss keinem mehr etwas beweisen. Egal, ob mit blonden, roten, pinkfarbenen Haaren, mit oder ohne Sonnenbrille.
Uwe Martin